Darf Bier mit dem Wort „bekömmlich“ beworben werden?

Zahlreiche Brauereien bewerben ihre Bierspezialitäten damit, dass sie „bekömmlich“ sind. Oftmals wird diese Bekömmlichkeit in Zusammenhang zu weiteren Eigenschaften gesetzt, die dem beworbenen Bier innewohnen sollen. So sollen die Biere nicht nur bekömmlich, sondern auch süffig, erfrischend oder schmackhaft sein. Auch eine besondere Lagerung soll die Biere besonders bekömmlich werden lassen. Ein Interessenverband und eine Brauerei aus dem Allgäu führen seit 2015 einen Rechtsstreit darüber, ob Bier mit dem Zusatz „bekömmlich“ beworben werden darf. Im Mai dieses Jahres wird der BGH den Streit entscheiden.

Worum geht es?

Die Brauerei aus dem Allgäu bewirbt seit den 30er Jahren ihre Biere mit dem Slogan

„Wohl bekomm´s!“.

Mehrere ihrer angebotenen Biersorten werden außerdem unter Verwendung des Begriffs „bekömmlich“ in ihrem Internetauftritt beworben. Dabei handelt es sich bei allen so beworbenen Biersorten um solche mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % Volumenprozent.

Gegen diese Form der Werbung wendet sich der Interessenverband. Er vertritt die Auffassung, dass die Bewerbung von Bier mit dem Wort „bekömmlich“ unlauter im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. § 3a UWG n.F. darstellt. Bei dem Begriff „bekömmlich“ handelt es sich nach Ansicht des Interessenverbandes um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Health Claims Verordnung, kurz HCVO. Solche gesundheitsbezogenen Angaben dürften nach Art. 4 Abs. 3 lit. a HCVO Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent nicht tragen.

Der Interessenverband meint, der Begriff „bekömmlich“ wird vom Verbraucher als „gesund“, „leicht verdaulich“ oder auch als „Magen schonend“ verstanden. Deswegen handle es sich per se um eine gesundheitsbezogene Angabe.

Die Brauerei vertritt dagegen die Auffassung, dem Wort „bekömmlich“ komme eine solche Bedeutung nicht zu. Der Durchschnittsverbraucher betrachtet nach Auffassung der Brauerei diesen Begriff neutral. Erforderlich für die Annahme einer gesundheitsbezogenen Angabe sei vielmehr, den Begriff „bekömmlich“ in einen bestimmten Bezug auf bestehende Eigenschaften des beworbenen Lebensmittels zu setzen und ihn dann auch weiter erläuternd zu beschreiben. Die von der Brauerei verwandte Werbung habe dagegen nur auf die Genusswürdigkeit und die geschmacklichen Aspekte abgestellt.

Gerichte entscheiden bislang zuungunsten der Brauerei:

Sowohl das Landgericht Ravensburg (Urteil v. 16.02.2016 – 8 O 51/15 KfH) als auch das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil v. 03.11.2016 – 2 U 37/17) entschieden im Sinne des Interessenverbandes und zum Nachteil der Brauerei.

Am 17.05.2018 wird sich nun der BGH mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob Bier mit dem Attribut „bekömmlich“ beworben werden darf oder nicht. Diese Entscheidung wird sicherlich mit Spannung von vielen Brauereien erwartet. Denn nicht nur die Brauerei aus dem Allgäu bewirbt ihre Biersorten mit diesem Begriff.

Wie der BGH entscheiden wird, ist schwer vorauszusehen. Der BGH hatte in einem anderen Verfahren die Angabe „bekömmlich“ als neutrale Aussage hinsichtlich eines alkoholischen Getränks bewertet. Den Begriff „wohltuend“ hat er hingegen als eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO eingeordnet. Das OLG Stuttgart verkennt diese Einordnungen des BGH nicht. Es weist aber zurecht darauf hin, dass diese Einordnungen noch vor der Entscheidung des EuGH (Urteil v. 06.09.2012 – C-544/10 „Deutsches Weintor“) vorgenommen wurden. Nach Ansicht des OLG Stuttgart ist dem hohen Gesundheitsschutznieveau, das in der Vorschrift der HCVO verankert ist, besonders Rechnung zu tragen. Ein Verbot lasse sich daher mit der Notwendigkeit rechtfertigen, ein hohes Gesundheitsschutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH wird mit Spannung erwartet. Sollte der BGH im Sinne der Brauerei entscheiden und Bier weiterhin mit dem Begriff „bekömmlich“ beworben werden dürfen, dürften viele Brauereien erleichtert sein. Fällt die Entscheidung hingegen zum Nachteil der Brauereien aus, so stehen Veränderungen in der Bierwerbung an. Etiketten, Aufdrucke, Internetseiten, etc. müssten alle überarbeitet und der neuen Rechtsprechung angepasst werden.

Für den Fall, dass der BGH zuungunsten der Brauereien entscheidet, ist jedoch zu befürchten, dass Wettbewerber hierauf mit Abmahnungen reagieren werden. Brauereien, die nach einem entsprechenden Urteil des BGH weiterhin ihre Biersorten mit dem Attribut „bekömmlich“ bewerben, handeln dann in der Tat unlauter.

Sobald uns die Entscheidung des BGH im Volltext vorliegt, werden wir Sie natürlich über deren Inhalt informieren.

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