Löschanspruch in Bezug auf intime Fotos nach Beendigung der Beziehung

Macht in einer intimen Liebesbeziehung der eine Partner mit Einverständnis des anderen Partners intime Bild- oder Filmaufnahmen kann dem Abgebildeten nach Beendigung der Beziehung ein Löschanspruch dieser intimen Fotos zustehen. Seine Einwilligung in die Anfertigung der Bild- oder Filmaufnahmen wird er regelmäßig lediglich auf die Dauer der Beziehung beschränkt haben. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechts auf Bildnisschutz sowie der absolute Schutz der Intimsphäre überwiegen das Interesse desjenigen, der die Bild- oder Filmaufnahmen erstellt hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil v. 13.10.2015 – VI ZR 271/14).

Was lag der Entscheidung des BGH zugrunde?

Die Klägerin und der Beklagte führten eine intime Liebesbeziehung. Der Beklagte, seines Zeichens Berufsfotograf, fertigte während dieser Beziehung von der Klägerin zahlreiche Bild- und Filmaufnahmen an. Auf diesen Aufnahmen ist die Klägerin teils bekleidet und teils unbekleidet zu sehen. Die Aufnahmen zeigen die Klägerin vor, während und nach dem Intimverkehr mit dem Beklagten sowie ihren Intimbereich. Die Klägerin überließ dem Beklagten weitere selbst angefertigte Bilder mit Intimbezug in digitalisierter Form. Daneben gibt es weitere Aufnahmen der Klägerin, die sie ohne jeden intimen Bezug in Alltagssituationen zeigen. Nachdem die Beziehung beendet und die Parteien zerstritten waren, nahm die Klägerin den Beklagten auf Löschung sämtlicher Fotos und Filmaufnahmen in Anspruch.

Das Landgericht gab der Klage der Klägerin teilweise statt. Nicht alle Bilder seien zu löschen. Der Löschanspruch besteht aber für solche Bilder, die die Klägerin

  • in unbekleidetem Zustand,
  • in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,
  • lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet,
  • vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr

zeigen. Sowohl das Berufungsgericht als auch der Bundesgerichtshof schlossen sich der Entscheidung des Landgerichts an.

Die Begründung des BGH

Der Löschanspruch

Der Anspruch auf Löschung der Bild- und Filmaufnahmen, die die Klägerin in intimen Situationen zeigen, ergibt sich aus § 823 Abs. 1, § 1004 BGB wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Er lässt sich nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dem Kunsturhebergesetz (KUG) oder dem Urhebergesetz (UrhG) herleiten. Der Beklagte war auch nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berührt. Der Beklagte konnte sich auch nicht auf das grundrechtlich geschützte Eigentum an den Bildern oder die Kunstfreiheit berufen.

Die Aufnahmen, die die Klägerin in intimen Situationen zeigen, berühren ihr Recht auf Bildnisschutz und damit verknüpft ihre absolut geschützte Intimsphäre. Der Verstoß des Beklagten liegt in einem rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Dabei ist der Eingriff durch den Beklagten darin zu erkennen, dass er gegen den Willen der Klägerin weiterhin die Verfügungsmacht über die angefertigten Aufnahmen ausübt.

Das (Löschungs-)Interesse der Klägerin war gegen das Interesse des Beklagten (Eigentum an den Bildern und ihr Erhalt) abzuwägen. Das Interesse der Klägerin überwiegt im Ergebnis das Interesse des Beklagten. Gerade der Bereich der Intimsphäre genieße einen überragend bedeutenden Schutz. Jeder ist – so der BGH – grundsätzlich allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses berechtigt. Das gilt nicht allein für den Bereich in der Öffentlichkeit, sondern auch überall sonst. Entsprechend ist es das Recht eines jeden Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er die intime Beziehung zu einem Partner offenbart oder nicht. Inwieweit Einblick in die Intimsphäre gegeben wird, ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen kann. Wer sich über diese Entscheidung gegen den Willen des Betroffenen hinwegsetzt, kann bereits dessen Persönlichkeitsrecht verletzen.

Der BGH stellt weiter heraus, dass der Besitz intimer Aufnahmen geeignet ist, über den Abgebildeten eine gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht inne zu haben. Das selbst dann, wenn eine Verbreitungsabsicht der Aufnahmen nicht beabsichtigt ist. Durch den fortbestehenden Besitz der Aufnahmen erfahre der Betroffene ein Ausgeliefertsein und eine Fremdbestimmung.

Zeitliche Begrenzung der Einwilligung

Eine einmal während der Beziehung erteilte Einwilligung in die Anfertigung intimer Aufnahmen ist auf die Dauer der Beziehung nach der Entscheidung des BGH beschränkt.

Die Klägerin hatte dem Beklagten Einblick in ihre Intimsphäre gewährt. Sie hatte ihm sogar selbst angefertigte Aufnahmen zukommen lassen. Der BGH hatte die Frage zu klären, ob diese Einwilligung der Klägerin zeitlich begrenzt war. Der BGH entschied, diese Einwilligung sei nur für die Dauer der Beziehung erteilt worden. Die Einwilligung musste auch nicht ausdrücklich von der Klägerin auf diese Dauer begrenzt werden. Es sei ausreichend, dass sich die Begrenzung schlüssig aus dem Verhalten der Klägerin ergebe. Der BGH zog für die Frage nach der Wirksamkeit und dem Umfang der Einwilligung die nach § 22 KUG entwickelten Grundsätze heran. Im privaten Bereich kann eine solche Einwilligung demnach auch formlos sowohl beschränkt als auch unbeschränkt erteilt werden. Sie kann in räumlicher oder zeitlicher Hinsicht oder auch auf einen bestimmten Zweck oder für nur bestimmte Medien ausgesprochen werden.

Die Auslegung kam zu dem Ergebnis, dass die Aufnahmen der Klägerin ausschließlich im privaten Bereich ohne vertragliche Beziehung und unentgeltlich entstanden sind. Sie wurden nur zu persönlichen, privaten Zwecken gefertigt. Sie waren weder zur Veröffentlichung noch für eine Verbreitung bestimmt. Die Auslegung kam dann zu dem Ergebnis, dass die Einwilligung in die Nutzung der Aufnahmen auf die Dauer der bestehenden Beziehung beschränkt war.

Praxishinweis

Wer während einer Beziehung in die Anfertigung intimer Aufnahmen eingewilligt hat, der tat dies sicherlich im Vertrauen darauf, dass die Beziehung andauern und nicht zerbrechen würde. Findet die Beziehung entgegen aller Erwartungen dann doch ihr Ende und trennen sich die Partner im Streit, stellt sich für den Abgebildeten ganz nachvollziehbar die Frage nach dem Verbleib der Aufnahmen und seiner Einwirkungsmöglichkeit auf diese. Die Ungewissheit, was der ehemalige Partner mit dem Film- und Bildmaterial anstellt, versetzt den Abgebildeten in eine Lage von Unsicherheit. Er hat beispielsweise zu befürchten, dass die Aufnahmen in die Öffentlichkeit gelangen. Der Abgebildete ist der unangenehmen Situation ausgesetzt, nicht selbst darüber zu entscheiden, wie mit den Aufnahmen zukünftig umgegangen wird. Dieser Zustand ist vom Betroffenen nicht hinzunehmen.

Zumindest für den Fall, dass solche Aufnahmen im rein privaten Bereich ohne jede darüber hinausgehende Verbreitungs- oder Nutzungsabsicht unentgeltlich angefertigt wurden, hat der BGH dem Abgebildeten einen Löschanspruch zugesprochen. Der Anspruch kann dadurch sicher durchgesetzt werden, dass derjenige, der die Löschung vorzunehmen hat, bei Zuwiderhandlung zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise zur Ordnungshaft zu verurteilen ist.

Betroffene müssen es also nicht hinnehmen, wenn der ehemalige Partner sich weigert während der Beziehung angefertigte Intimfotos zu löschen. Dem Partner steht es nicht zu, solche Aufnahmen für sich zu behalten.

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