Amazon ASIN
Amazon: Markenrechtsverletzung durch Anhängen an eine ASIN
Das Anhängen an fremde Amazon-Angebote (ASIN) ist zwar grundsätzlich zulässig, kann aber dennoch zu rechtlichen Problemen führen. ASIN steht für Amazon Standard Identification Number.
Amazon vergibt für jedes Produkt eine individuelle Identifikationsnummer (ASIN) an den Ersteinsteller. Beabsichtigt ein Händler ein identisches Produkt über Amazon anbieten, muss er sich an diese ASIN anhängen, d.h. sein Angebot wird dieser ASIN zugeordnet. Dies hat zur Folge, dass bei Aufruf des Produktes des Ersteinstellers auch die Angebote aller angehängten Wettbewerber angezeigt werden, die das Produkt ggf. günstiger anbieten.
Neben Urheberrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen drohen auch Markenrechtsverletzungen. Eine Markenrechtsverletzung liegt z.B. dann vor, wenn unter der fremden ASIN ein Markenprodukt angeboten wird, Dritte sich an die ASIN anhängen, jedoch nicht dieses Markenprodukt sondern ein anderes anbieten. Dann stellt das Anhängen an die fremde ASIN sowohl eine wettbewerbsrechtliche Irreführung als auch eine Markenverletzung dar. Das Landgericht Hamburg hat sich kürzlich mit den markenrechtlichen Ansprüchen (Abmahnkosten, Testkaufkosten) bei Markenrechtsverletzungen durch Anhängen an eine fremde ASIN bei Amazon befasst, so
Die Klägerin war im Groß- und Einzelhandel tätig und Inhaberin der Marke „Lyra Pet“ mit Schutz u a für „Tiernahrung“ und „Vogelfutter“.
Die Beklagte bot über Amazon Vogelfutter mit der Angebotsbezeichnung „Sonnenblumenkerne schwarz Lyra Pet Wildvogelfutter Vogelfutter Ernte 2017“ mit dem Zusatz „von Lyra Pet“ an.
Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte an dem Zeichen „Lyra Pet“. Sie ließ die Beklagte daher wegen Markenrechtsverletzung anwaltlich abmahnen und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
Die Beklagte gab zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, zahlte jedoch nur geringere Abmahnkosten.
Wegen der nicht erfüllten sog. Annexansprüche (Auskunft, restliche Abmahnkosten, Testkaufkosten, Schadensersatz) erhob die Klägerin Klage. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte habe durch das Angebot ihre Markenrechte an der Bezeichnung „Lyra Pet“ verletzt.
Die Beklagte war der Ansicht, die Klägerin habe mit der Abmahnung rechtsmissbräuchlich gehandelt. Testkaufkosten seien der Klägerin nicht entstanden, zudem sei ein Testkauf nicht erforderlich gewesen. Der der Berechnung der Abmahnkosten zugrunde gelegte Gegenstandswert von 100.000 EUR sei zu hoch.
Das Landgericht verurteilte die Beklagte wegen Markenrechtsverletzung zur Zahlung von Abmahnkosten, Testkaufkosten, zur Auskunftserteilung und stellte die Schadensersatzpflicht der Beklagten fest. Da die Beklagte auf Amazon unter dem Begriff „Lyra Pet“ Vogelfutter anbot, welches nicht von der Klägerin stammt, hat sie die Marke der Klägerin verletzt.
Rechtsmissbrauch verneinte das Gericht. Insofern führte das Gericht unter Verweis auf ein Urteil des OLG Köln zunächst aus, unter welchen Voraussetzungen Rechtsmissbrauch in Form eines Behinderungswettbewerbs vorliegen könne:
„Eine Behinderung liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers beeinträchtigt wird. Das setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (…). Hierzu zählen alle Wettbewerbsparameter, wie der Absatz, wobei die Eignung zur Behinderung ausreicht, auch wenn diese noch nicht eingetreten ist (…).
Ein solcher Fall war dort nicht gegeben: Die Beklagte hatte bereits nicht dargetan, für das Angebot von Vogelfutter unter „amazon.de“ eine ASIN mit der Bezeichnung „Lyra Pet“ zu benötigen. Ferner hat die Beklagte auch in ihrer Angebotsüberschrift die Bezeichnung „Lyra Pet“ verwendet.
Den insoweit von der Klägerin angesetzten Gegenstandswert von 100.000 EUR hielt das Gericht für angemessen:
„Der insoweit von der Klägerin zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von 100.000,00 € entspricht dem Streitwertgefüge der mit Kennzeichenstreitsachen befassten Gerichte. Im Rahmen von kennzeichenrechtlichen Unterlassungsklagen in Fällen der Verletzung sogar nur unterdurchschnittlich benutzter Marken oder geschäftlicher Bezeichnungen werden regelmäßig Streitwerte im Bereich zwischen 100.000,00 € und 150.000,00 € festgesetzt“.
Zudem müsse die Beklagte er Klägerin die geltend gemachten Testkaufkosten erstatten, denn nur durch den Testkauf konnte die Klägerin in Erfahrung bringen, welches Produkt die Beklagte unter dem Zeichen „Lyra Pet“ angeboten hat.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!